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Burnout im Spital – Ausgebrannt ans Patientenbett

Josef Gebhard | KURIER | 8.02.2009 | Gesundheit

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Mindestens 20 Prozent der Spitalsärzte und -pfleger leiden an Burn-out. Experten suchen Gegenstrategien.

Es sind Zahlen, die wohl bei vielen Spitalspatienten ein mulmiges Gefühl hinterlassen: Mindestens 20 Prozent der Ärzte und Pfleger in Krankenhäusern leiden an einem Burnout-Syndrom, zeigen internationale Studien. Die Betroffenen sind körperlich und psychisch so erschöpft, dass sie ihre Aufgaben nur mehr beschränkt erledigen können. Mit allen Konsequenzen für die Patienten: Erst kürzlich ergab eine Studie am LKH Steyr, dass bei Chirurgen nach 24 Stunden im Dienst die Fehlerquote massiv ansteigt. Die Untersuchung ließ einmal mehr den Ruf nach strengeren Arbeitszeitregeln für Spitalsärzte laut werden (der KURIER berichtete).

„Besonders häufig tritt Burn-out in der Intensivmedizin, in der Langzeit-Pflege und auf Geriatrie-Stationen auf“, sagt Univ.-Prof. Wolfgang Lalouschek, Neurologe und Burn-out-Spezialist in Wien. Er leitet ein Pilotprojekt, in dem Strategien gegen die ebenso alltägliche wie gefährliche Überlastung von Spitalspersonal entwickelt werden sollen. Beteiligt sind zehn intensivmedizinische Stationen in Wien. Im März wird mittels Fragebogen erhoben, wie ausgeprägt das Problem auf den einzelnen Abteilungen ist. Danach wird getestet, wie weit sich mit Coachings und Entspannungsübungen die Situation verbessern lässt.

Absurd lange Arbeitszeiten (oft mehr als 100 Stunden pro Woche) und ständiger Termindruck sind die nächstliegenden, aber nicht die einzige Auslöser von Burn-out unter Medizinern: „Viele leiden daran, dass sie einerseits im Umgang mit schwer Kranken lebenswichtige Entscheidungen treffen müssen, andererseits auf den alltäglichen Arbeitsablauf auf der Station kaum Einfluss haben“, sagt Lalouschek. Unfaire Behandlung durch den Chef kann Burnout ebenfalls begünstigen.
Teufelskreis „Sehr anfällig sind gerade jene, die sich im Beruf besonders engagieren und alles perfekt machen wollen“, so der Experte. Typische Symptome sind Konzentrationsprobleme, Depressionen, Gereiztheit. Um die Beschwerden zu lindern, greifen Betroffene nicht selten zu Suchtmitteln, was ihre Leistungsfähigkeit weiter beeinträchtigt – eine Abwärtsspirale entsteht.

Für einen einfühlsamen Umgang mit Kranken sind das keine guten Voraussetzungen: „Es kommt sogar vor, dass überlastetes Personal Intensiv-Patienten länger als nötig im künstlichen Tiefschlaf hält, weil dadurch weniger Arbeit anfällt.“

Burn-out: Rechtzeitig erkennen

Warnzeichen EinBurn-outSyndrom kann schon in der Frühphase erkannt werden. Mögliche Warnzeichen sind: Hyperaktivität, freiwillige unbezahlte Mehrarbeit, Gefühl der Unentbehrlichkeit, Gefühl, keine Zeit zu haben, Zurückstellen eigener Bedürfnisse, Beschränkung der sozialen Kontakte auf das berufliche Umfeld, Verdrängung von Misserfolgen.

Hilfe und Beratung Institut für Burn-out und Stressmanagement, Gerstnerstraße 3, 1150 Wien,?01/4065716, www.ibos.co.at Burn-out-Ambulanz am Privatkrankenhaus Goldenes Kreuz, Lazarettgasse 16–18, 1090 Wien. Kostenlose Hotline: ? 0650 / 98 300 82 (Mo. bis Do. 18 bis 19 Uhr), www.goldenes-kreuz.at

Bore-out – Krank durch Langeweile?

Noch ist nicht ganz geklärt, ob es sich um ein tatsächliches Problem oder wieder nur um einen kurzlebigen Lifestyle Begriff handelt: Bore-out. Gemeint sind psychosomatische Beschwerden, die nicht durch zu viel, sondern zu wenig Arbeit ausgelöst wurden. Die Schweizer Unternehmensberater und Autoren Philippe Rothlin und Peter Werder schätzen, dass bis zu 70 Prozent der Arbeitnehmer im Büro zu wenig zu tun haben. Viele wiederum müssen Tätigkeiten durchführen, die sie ablehnen, was genauso zu Frust führen kann.

Gelingt es nicht, ausfüllendere Aufgaben übertragen zu bekommen, fliehen Betroffene in die „innere Kündigung“. Sie machen nur mehr Dienst nach Vorschrift, ohne innerlich bei der Sache zu sein. Nach außen hin muss der Arbeitnehmer gleichzeitig sein mangelndes Engagement verschleiern, weil er es sich nicht leisten kann, den Job zu verlieren. Dies – so die Autoren – sei so anstrengend und belastend, dass langfristig auch die Gesundheit darunter leide.